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Rezension: München- Kunststadt

Dieses wundervolle Buch stellt textlich und fotografisch dem Leser auf brillante Art und Weise "Isar-Athen", sprich die Kunststadt München vor. Thematisiert wird gleich zu Anfang die Geschichte des Nymphenburger Porzellans. Die Manufaktur wurde 1747 vom Kurfürsten Max III. Joseph wohl auf Anregung seiner sächsischen Gemahlin, genehmigt. Die Manufaktur befindet sich übrigens im Kavalierhaus im nördlichen Schlossrondell von Nymphenburg. Im Rahmen der Geschichte der Manufaktur finde ich die Ausführungen zu den Figuren der "Commedia dell` Arte" besonders interessant, die der geniale Figurist Franz Anthony Bustelli 1760 einst schuf. Die Fertigung von Nymhenburger Figuren erfolgt noch heute in reiner Handarbeit, die zumeist bis an das letzte plastische Detail der feinen Bemalung der historischen Vorbilder verpflichtet ist.

In der Folge erfährt man, wie sich die einstige Mönchsiedlung im Laufe der Jahrhunderte zur Kunststadt entwickelt hat, liest so ganz nebenbei vom "Englischen Garten", der zu Beginn der 19. Jahrhunderts sich allmählich zu einem Gesamtkunstwerk von europäischem Rang entwickelte, aber ursprünglich wohl eher ein einfaches Hirschgehege gewesen ist, das aber schon immer als Landschaftspark für die Bürger der Stadt gedacht war. Natürlich wird der antikebegeisterte Ludwig I. erwähnt und die Gebäude, Prachtstraßen sowie Platzanlagen, die auf sein Betreiben hin entstanden sind. Nach einem architektonischen Spaziergang durch die Jahrhunderte liest man im Fazit, dass Münchens Spagat zwischen konservativem Grundkonsens und exponierten Einzelbauten auch die Stadt der Zukunft prägen wird und freut sich der vielen schönen, alten Stadtansichten, die dokumentieren, dass der Flair der Stadt schon immer südländisch war.

Oliver Herwig referiert in seinem dann anschließenden Beitrag über "Architektur und Figur" und man liest hier u.a. von den sechzehn farbig gefassten und vergoldeten Moriskentänzern, die einst den Tanzsaal der Münchner Patrizier im Alten Rathaus schmückten. Der Moriskentanz sorgte im Europa des 15. und 16 Jahrhunderts für Kurzweil, bei dem mehrere Männer, teilweise mit aberwitzigen Verrenkungen, um die Gunst einer Frau warben. Zehn der sechzehn ausdrucksstarken, von Grasser 1480 geschaffenen Figuren kann man heute noch im Stadtmuseum besichtigen.

Interessant auch sind die Jugenstilskulpuren, im Rahmen der Prachtfassaden des künstlerischen Aufbruchs in Schwabing, nicht zuletzt in der Franz-Joseph- und in der Ainmillerstraße.

Gut, dass im Zusammenhang mit der Achitektur und der Skulpturen auch die Bau- und Kunstdenkmalpflege angesprochen wird. Den eifrigen Restaurateuren kann man nämlich nicht genug danken für ihr Engagement, das uns allen zu Gute kommt.

Sehr schön sind die Aufnahmen des Fotografen Markus Dlouhy u.a. vom Antiquarium der Residenz, das 1586 zum Festsaal umgebaut wurde und von der überwältigenden Inszenierung des Rokoko in der Asamkirche. Die Brüder Asam wurden zum Teil einer bayrisch-süddeutschen, aber auch der münchnerischen Identität. Ihre Bauten, Bilder, Plastiken und Dekorationen ziehen nicht grundlos nach über 300 Jahren immer noch Besucher aus aller Herren Länder an.


Aspekte der Kunststadt im 19. und 20. Jahrhundert im Hinblick auf die damaligen Maler und Gestalter werden sehr gut von Norbert Götz fokussiert. Natürlich wird Lenbach thematisiert, aber auch Stuck, Kandinsky, Jawlensky und Münter. Die Dachauer Künstlerkonie kommt zur Sprache und die dort einst gelebt habenden Künstler werden benannt. Ein Gemälde Georg Flads "Geigerhäusl in Etzenhausen" (um 1908) wird doppelseitig präsentiert. Erwähnt wird u.a., dass in der Dachauer Kolonie auch viele Frauen eine künstlerische Heimat fanden. Dem Aufbruch der Moderne, konkret der Künstlergemeinschaft "Der Blaue Reiter" werden auch einige Seiten gewidmet. Dabei ist es dem Autor sehr gut gelungen, auf die essentiellen Botschaften der Gemeinschaft hinzuweisen.


Simone Dattenbergers Beitrag "Museen und Galerien", habe ich mit allergrößter Neugierde gelesen, weil ich einmal jährlich im Winter - nun schon über 20 Jahren lang - nach München fahre und dann mit Vorliebe Museen, natürlich immer wieder die Pinakothek, das Lenbachhaus etc. aufsuche. Die Betrachtungen Dattenbergs sind diesbezüglich hervorragend. Großes Lob! Schön, dass sie auch die Hypo-Kunsthalle erwähnt, in der ich schon so manchen Augenschmaus genossen habe, beispielsweise beeindruckende Farbexplosionen von Nolde, von denen ich dieser Tage in einer anderen meiner Rezensionen gesschrieben habe.


Theater und Kleinkunst werden im nächsten Kapitel gut beleuchtet, so wird auch über das Kleinod in der Residenz, das "Cuvilliés-Theater" berichtet, in der Folge dann die Kammerspiele bestens beleuchtet und der Kunstszene von der Schwabinger Boheme bis zum Kunstpark Ost breiten Raum erfreulich gegeben. Brettel und Kabaretts kommen auch nicht zu kurz. An Karl Valentin, die "Pfeffermühle", in der Erika Mann Mitglied war, die Lach&Schießgesellschaft und viele andere kommen zur Sprache. Super!


Literatur und Journalismus in München sind auch ein höchst interessantes Thema. Schön, dass man hier auch an die legendäre Bohemienne Franziska Gräfin zu Reventlow erinnert, die anonym den "Schwabinger Beobachter" herausgab und deren Schlüsselroman "Herrn Dames Aufzeichnungen" sie berühmt machte.


Oper und Konzert werden fast am Ende des Buches vorgestellt und es wird in diesem Zusammenhang August Everding, dem Botschafter der Kunst eine Doppelseite gewidmet.


Das letzte Kapitel dann hat die Schlösser und Residenzen Münchens und Umgebung im Fokus: die Münchener Residenz, Schloss Nymphenburg, Schloss Schleißheim, Schloss Blutenburg, Neuschwanstein, Schloss Linderhof und Schloss Herrenchiemsee. Visualisiert sind einige Damen der Schönheitsgalerie König Ludwigs I., die man in Schloss Nymphenburg bewundert kann. In sechs von insgesamt 36 Porträts darf man sich im Buch ein Bild von den Damen machen.  Anna Hillmayer, geboren 1812 in München  gefällt mir am besten, weil sie ein sanftes Wesen und rosige Gesichtszüge hat. Lola Montez mag ich nicht, ihre Augen strahlen Kälte ab. Unverständlich warum Ludwig der I. sich in diese Frau verlieben konnte...


Die vielen Fotos des Fotografen Markus Dlouhy sind ein Traum.


Ein gelungenes, schönes Buch. Eine Liebeserklärung an München.


Dieses wundervolle Buch stellt textlich und fotografisch dem Leser auf brillante Art und Weise "Isar-Athen", sprich die Kunststadt München vor. Thematisiert wird gleich zu Anfang die Geschichte des Nymphenburger Porzellans. Die Manufaktur wurde 1747 vom Kurfürsten Max III. Joseph wohl auf Anregung seiner sächsischen Gemahlin, genehmigt. Die Manufaktur befindet sich übrigens im Kavalierhaus im nördlichen Schlossrondell von Nymphenburg. Im Rahmen der Geschichte der Manufaktur finde ich die Ausführungen zu den Figuren der "Commedia dell` Arte" besonders interessant, die der geniale Figurist Franz Anthony Bustelli 1760 einst schuf. Die Fertigung von Nymhenburger Figuren erfolgt noch heute in reiner Handarbeit, die zumeist bis an das letzte plastische Detail der feinen Bemalung der historischen Vorbilder verpflichtet ist.


In der Folge erfährt man, wie sich die einstige Mönchsiedlung im Laufe der Jahrhunderte zur Kunststadt entwickelt hat, liest so ganz nebenbei vom "Englischen Garten", der zu Beginn der 19. Jahrhunderts sich allmählich zu einem Gesamtkunstwerk von europäischem Rang entwickelte, aber ursprünglich wohl eher ein einfaches Hirschgehege gewesen ist, das aber schon immer als Landschaftspark für die Bürger der Stadt gedacht war. Natürlich wird der antikebegeisterte Ludwig I. erwähnt und die Gebäude, Prachtstraßen sowie Platzanlagen, die auf sein Betreiben hin entstanden sind. Nach einem architektonischen Spaziergang durch die Jahrhunderte liest man im Fazit, dass Münchens Spagat zwischen konservativem Grundkonsens und exponierten Einzelbauten auch die Stadt der Zukunft prägen wird und freut sich der vielen schönen, alten Stadtansichten, die dokumentieren, dass der Flair der Stadt schon immer südländisch war.


Oliver Herwig referiert in seinem dann anschließenden Beitrag über "Architektur und Figur" und man liest hier u.a. von den sechzehn farbig gefassten und vergoldeten Moriskentänzern, die einst den Tanzsaal der Münchner Patrizier im Alten Rathaus schmückten. Der Moriskentanz sorgte im Europa des 15. und 16 Jahrhunderts für Kurzweil, bei dem mehrere Männer, teilweise mit aberwitzigen Verrenkungen, um die Gunst einer Frau warben. Zehn der sechzehn ausdrucksstarken, von Grasser 1480 geschaffenen Figuren kann man heute noch im Stadtmuseum besichtigen. Interessant auch sind die Jugenstilskulpuren, im Rahmen der Prachtfassaden des künstlerischen Aufbruchs in Schwabing, nicht zuletzt in der Franz-Joseph- und in der Ainmillerstraße.


Gut, dass im Zusammenhang mit der Achitektur und der Skulpturen auch die Bau- und Kunstdenkmalpflege angesprochen wird. Den eifrigen Restaurateuren kann man nämlich nicht genug danken für ihr Engagement, das uns allen zu Gute kommt.


Sehr schön sind die Aufnahmen des Fotografen Markus Dlouhy u.a. vom Antiquarium der Residenz, das 1586 zum Festsaal umgebaut wurde und von der überwältigenden Inszenierung des Rokoko in der Asamkirche. Die Brüder Asam wurden zum Teil einer bayrisch-süddeutschen, aber auch der münchnerischen Identität. Ihre Bauten, Bilder, Plastiken und Dekorationen ziehen nicht grundlos nach über 300 Jahren immer noch Besucher aus aller Herren Länder an.


Aspekte der Kunststadt im 19. und 20. Jahrhundert im Hinblick auf die damaligen Maler und Gestalter werden sehr gut von Norbert Götz fokussiert. Natürlich wird Lenbach thematisiert, aber auch Stuck, Kandinsky, Jawlensky und Münter. Die Dachauer Künstlerkonie kommt zur Sprache und die dort einst gelebt habenden Künstler werden benannt. Ein Gemälde Georg Flads "Geigerhäusl in Etzenhausen" (um 1908) wird doppelseitig präsentiert. Erwähnt wird u.a., dass in der Dachauer Kolonie auch viele Frauen eine künstlerische Heimat fanden. Dem Aufbruch der Moderne, konkret der Künstlergemeinschaft "Der Blaue Reiter" werden auch einige Seiten gewidmet. Dabei ist es dem Autor sehr gut gelungen, auf die essentiellen Botschaften der Gemeinschaft hinzuweisen.


Simone Dattenbergers Beitrag "Museen und Galerien", habe ich mit allergrößter Neugierde gelesen, weil ich einmal jährlich im Winter - nun schon über 20 Jahren lang - nach München fahre und dann mit Vorliebe Museen, natürlich immer wieder die Pinakothek, das Lenbachhaus etc. aufsuche. Die Betrachtungen Dattenbergs sind diesbezüglich hervorragend. Großes Lob! Schön, dass sie auch die Hypo-Kunsthalle erwähnt, in der ich schon so manchen Augenschmaus genossen habe, beispielsweise beeindruckende Farbexplosionen von Nolde, von denen ich dieser Tage in einer anderen meiner Rezensionen gesschrieben habe.


Theater und Kleinkunst werden im nächsten Kapitel gut beleuchtet, so wird auch über das Kleinod in der Residenz, das "Cuvilliés-Theater" berichtet, in der Folge dann die Kammerspiele bestens beleuchtet und der Kunstszene von der Schwabinger Boheme bis zum Kunstpark Ost breiten Raum erfreulich gegeben. Brettel und Kabaretts kommen auch nicht zu kurz. An Karl Valentin, die "Pfeffermühle", in der Erika Mann Mitglied war, die Lach&Schießgesellschaft und viele andere kommen zur Sprache. Super!


Literatur und Journalismus in München sind auch ein höchst interessantes Thema. Schön, dass man hier auch an die legendäre Bohemienne Franziska Gräfin zu Reventlow erinnert, die anonym den "Schwabinger Beobachter" herausgab und deren Schlüsselroman "Herrn Dames Aufzeichnungen" sie berühmt machte.


Oper und Konzert werden fast am Ende des Buches vorgestellt und es wird in diesem Zusammenhang August Everding, dem Botschafter der Kunst eine Doppelseite gewidmet. Das letzte Kapitel dann hat die Schlösser und Residenzen Münchens und Umgebung im Fokus: die Münchener Residenz, Schloss Nymphenburg, Schloss Schleißheim, Schloss Blutenburg, Neuschwanstein, Schloss Linderhof und Schloss Herrenchiemsee. Visualisiert sind einige Damen der Schönheitsgalerie König Ludwigs I., die man in Schloss Nymphenburg bewundert kann. In sechs von insgesamt 36 Porträts darf man sich im bertiegen.Buch gefällt Anna Hillmayer, geboren 1812 in München am besten, weil sie ein sanftes Wesen und rosige Gesichtszüge hat. Lola Montez mag ich nicht, ihre Augen strahlen Kälte ab. Unverständlich warum Ludwig der I. sich in diese Frau verlieben konnte...


Die vielen Fotos des Fotografen Markus Dlouhy sind ein Traum.


Ein gelungenes, schönes Buch. Eine Liebeserklärung an München.



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