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Rezension: Die Basare Istanbuls

Die Journalistin Laura Salm-Reifferscheidt hat mit der Grafik-Designerin Isabel Böcking und dem Fotografen Stipsicz die Basare Istanbuls besucht. Durch das gemeinsam konzipierte Buch erhält der Leser einen Eindruck von der sinnlichen Welt dieser Basare, sowohl durch detaillierte Beschreibungen als auch durch eine Fülle beeindruckender Fotografien. Das türkische Istanbul hieß von 330-1930 Konstantinopel, davor Byzanz. Mit fast acht Millionen Einwohnern ist es die größte Stadt in der Türkei. Bis 1923 war es die Hauptstadt des Osmanischen Reichs.

Kern der Stadt ist Alt-Istanbul auf einer vom Goldenen Horn und dem Marmarameer umschlossenen Halbinsel. Die historischen Bereiche von Istanbul gehören zum Weltkulturerbe. Das Basarviertel mit seinen alten Gemäuern des "Gedeckten Basars" und den engen Gassen des umliegenden Viertels erzählen viel über die Bewohner der Stadt, über ihre Neigungen und Interessen. Wirft man einen Blick in den Duden so definiert dieser den Basar als "orientalisches Händlerviertel" aber auch als "Verkauf für wohltätige Zwecke". Die Basare Istanbul sind eindeutig "orientalische Handelsviertel". Der größte Basar der Stadt umfasst sechzig Straßen. Es handelt sich dabei um den sogenannten "Gedeckten Basar". Seit über fünfhundert Jahren befinden sich dort das Zentrum des Handels und das Zuhause hunderter Händler und Handwerker.

Salm-Reiffersscheid berichtet von den Anfängen dieses Basars und von den vielen Bränden und auch von Erdbeben, die dem "Gedeckten Basar" immer wieder Schaden zufügten oder gar fast vollständig verwüsteten. Zu Zeiten des osmanischen Reiches kamen Menschen aus der ganzen Welt, um dort Handel zu betreiben. Heute arbeiten 25 000 Menschen in besagtem Basar, der als Herz des türkischen Goldmarktes und als inoffizielle Wechselbörse gilt. Mehr als 500 000 Touristen, Händler und Einheimische halten sich täglich in dem alten Gemäuer auf. In dem fast 90 Geschäfte umfassenden "Ägyptischen Bazar", von dem im Buch auch die Rede ist, locken betörende Düfte, Parfüms und Süßigkeiten schon seit fast 350 Jahren.

Auch interessant ist der Bücherbasar. An der Stelle des heutigen Buchmarktes verkauften die Byzantiner bereits Manuskripte und Papier. Für alte Bücher war dieser Markt bis ins 20. Jahrhundert hinein Hauptumschlagplatz, aber durch die heutigen Buchhandelsketten hat er an wirtschaftlicher Bedeutung verloren. Dennoch lohnt sich ein Besuch, wie Text und Fotos verdeutlichen. In der Folge liest man sehr Aufschlussreiches von den begabten Kunsthandwerkern in allen Zeiten, von den Menschen Istanbuls und von der Untrennbarkeit von Kommerz und Religion.

Im Istanbuler Basarviertel liegen Markthallen, Lagerhäuser, Werkstätten, Moscheen, Bäder und Brunnen ganz nah beieinander. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang der Bericht über Brunnen und Bäder. Über viele Seiten liest man vom Innenleben der Basare, von deren Schätzen. Mehrere hundert Tonnen Gold werden im großen Basar jährlich umgesetzt.

Die Türken legen großen Wert auf Goldschmuck, je reicher die Familie, desto opulenter ist dieser Schmuck. Man liest von den Keramiken aus dem Provinzstädtchen Iznik, von türkischen Teppichen, sowohl geknüpften als auch gewebten und man erfährt welche Bedeutung die einzelnen Motive haben. Über das einstige Seidenzentrum des Osmanischen Reichs wird man informiert und über den Textilhandel in Istanbul im Laufe der Geschichte generell.

Das Handwerk der Kalligraphie lernt der Leser kennen und es wird gut nachvollziehbar erklärt, weshalb sich dieses Handwerk im Osmanischen Reich einst wie in keinem anderen Kulturraum entfalten konnte. Antiquitäten, Souvenirs und religiöse Objekte, Gegenstände aus Gold-, Silber- sowie Kupfer und Lederwaren anschließend werden breitgefächert thematisiert. Auch über die Fälschungsbranche liest man allerlei. Sie boomt in der Türkei. Raubkopien ausländischer Markenprodukte werden auf dem Großen Basar vertrieben, die sich kaum vom Original unterscheiden.

Auch bemerkenswert ist der Textbeitrag über die Waren aus Afghanistan, Usbekistan und andere zentralasiatische Staaten. So kommen bunte Ketten aus Halbedelsteinen zumeist aus Pakistan und Indien und Stickereien aus Usbekistan. Die Kräuter und Gewürze auf dem "Ägyptischen Basar" dienen nicht nur zur Verfeinerung von Speisen, sondern auch der Linderung von Krankheiten und der Steigerung des körperlichen Wohlbefindens. Naturheiler auf dem Basar mischen den Kunden Pasten und Pulver gegen Krankheiten zusammen. Die feinen Öle benötigt man im "Hamam", dem Türkischen Bad, über das man ebenfalls informiert wird. Hochinteressant auch ist der Beitrag zum Thema Kaffee und Tabak. Unmöglich zu allen diesbezüglichen Infos hier Stellung zu nehmen. Man erfährt u.a. wie man "Türkischen Kaffee" zubereitet, erhält eine Anleitung zum Kaffeesatzlesen inklusive Kaffeesatz-Deutungen.

Auf den letzten Seiten lernt man 30 türkische Rezepte näher kennen, alle sind gut beschrieben und leicht nachvollziehbar. Das Buch birgt eine Fülle von detaillierten Informationen und märchenhaften Fotografien, die den Wunsch aufkommen lassen, sofort die Koffer zu packen...
Empfehlenswert.

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