Brigitte Doppagne nimmt den Leser mit auf ihre kurzweilige Reise durch Flandern und erweist sich als eloquente, interessant erzählende Begleiterin. Mancherlei erfährt man über die alten Hansestädte Brügge und Gent; so streift die Autorin historische Fakten, wartet mit kleinen Anekdoten auf und haucht auf höchst subtile Weise dem Gestern Leben ein.
Wir lesen von Malern, wie etwa van Eyck, Bosch, Breughel, Memling aber auch Dürer, die zu Zeiten der burgundischen Herrschaft auf Tuchfühlung gingen mit den alten Tucherstädten, nicht zuletzt der Mäzene wegen, vermutet man. Man liest von frühen tragischen Ende Maria von Burgunds, der Gattin des späteren deutschen Kaisers Maximilian des I. und auch Karl der V. bleibt nicht unerwähnt. Die genannten Personen und ihr Hofstaat brachten den Glanz nach Flandern, der noch heute mit dem Begriff "burgundische Lebensart" umschrieben wird. Diese macht, so Doppagne, einen Aufenthalt in jenem Gebiet Belgiens zu einem lukullischen Hochamt. Ein Kapitel widmet die Autorin der belgischen Schokolade, lässt dabei Cortes nicht unerwähnt, der den Kakao aus Mexiko nach Europa brachte und setzt Jean Neuhaus, dem Erfinder des gaumenklitzelnden "belgischen Bonbons" ein kleines literarisches Denkmal. Er begründete, so erfährt man " Schlaraffia in Flandern", das gefährliche Terrain, auf dem die Glückshormone - für eine kurze Weile- zu Kapriolen fähig sind.
Dann jedoch gilt es sich erneut zu bewegen, zum Meer hin oder zu den zahllosen Wasserschlössern in der näheren Umgebung, sich dabei mit der Botanik zu befassen und nicht zuletzt ein Augenmerk zu legen auf den nicht selten kunstvoll in Form gebrachten Buchs, mit dem man in früheren Zeiten wohl alles Bunte und Schöne umsäumt hat. Schloss Ooidonk, nicht weit entfernt von Gent, möge man besuchen. Dort nämlich lebte Graf Egmont, den Goethe in seinem gleichnamigen Trauerspiel verewigt hat. Egmont kämpfte um die Abschaffung der Inquistitionsgerichte und wurde deshalb auf Geheiss Philipps von Spanien hingerichtet.
Die spanische Schreckensherrschaft führte dazu, dass die Intellektuellen und die Kreativen aus Flandern nach Amsterdam flohen und in der Folge die Region in dieser Zeit zur Provinz verkam. Erst Jahrhunderte später wurde diese Gegend neu entdeckt, von Künstlern und Schriftstellern, wie etwa Marcel Proust und Victor Hugo. Im letzten Jahrhundert dann, zu Zeiten der Nazis, wurde Flandern zum Zufluchtsort für viele Andersdenkende, unter ihnen waren Einstein, Zweig, Roth, Keun und Kisch. So ist alles im Fluss und es bleibt abzuwarten, was kommen wird. Für den neugierigen Leser dieser wirklich guten Lektüre wird gewiss etwas Erfreuliches kommen, ein "Highlight" nämlich, eine Reise nach Flandern.
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