Der Brite Duncan J. D. Smith ist der Autor dieses Reiseführers durch Budapest, der den Leser an sonderbare Ort, geheime Plätze und versteckte Sehenswürdigkeiten führt. Ungarns Hauptstadt besteht aus zwei Teilen. Rechts der Donau liegt an den Hängen der Kalkberge " Buda " (d t. Ofen), mit der Burg, der gotischen Matthias-( Krönungs-) Kirche, dem alten Rathaus und vielen Regierungsgebäuden auf dem Burgberg und der Fischerbastei. Links der Donau breitet sich " Pest " aus, mit enger Altstadt, jetzt Geschäftstadt. Klassizistisch geprägt ist das einheitliche Stadtbild mit großzügig angelegten Ring- und Radialstraßen und größeren Grünflächen. Hier liegen viele, meist jüngere Prachtbauten: das Parlament, die St. -Stephans - Kirche und die Nationalgalerie. Die UNESCO erklärte u .a. das Burgviertel und die Uferzone der Donau zum Weltkulturerbe. Über all diese Sehenswürdigkeiten lässt sich Smith nicht aus, stattdessen präsentiert er über 80 andere Orte, zu denen er jeweils einen lobenswert breiten historischen Abriss liefert.
Man liest u .a. von dem winzigen Apothekenmuseum " Zum Goldenen Adler ". Dieses befindet sich in einem Haus aus dem 15. Jahrhundert mit einer barocken Fassade, einem der ältesten existierenden Gebäude im Burgbezirk. Die dort ausgestellte Sammlung befasst sich mit der Geschichte der Pharmazie seit dem Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert. Interessant ist die Beschreibung des ältesten Kaffeehauses der Stadt. Das " Ruszwurm " stammt aus dem Jahre 1827, wobei das erste Kaffeehaus des Landes bereits 1714 in Pest eröffnet wurde. Der einstige Konditor des " Ruszwurm " auf dem Burghügel wurde wegen seiner Unterstützung der 1848er Revolution gegen die Habsburger verhaftet. Im Rahmen des Berichtes erfährt man nicht nur Näheres über das " Ruszwurm ", sondern auch Wissenswertes über die Budapester Kaffeehäuser der Belle Époque. Ignac Semmelweis wurde in Budapest geboren. Sein Geburtshaus ist heute ein Museum für Medizingeschichte. Dieses Museum zu besuchen ist sicher lohneswert.
Besonders gefallen hat mir der Beitrag über die Bäder der Osmanen. In keiner anderen Stadt der Welt sprudeln so viele Thermalquellen wie in Ungarns Hauptstadt. Rund um den Burghügel und in der Umgebung sind es ungefähr 120 mit einem Grundausstoß von geschätzten 70 Millionen Litern pro Tag. Nach der Eroberung Budas durch die Osmanen Mitte des 16.Jahrhunderts wurden zum ersten Mal die warmen, mineralischen und leicht radioaktiven Wässer im großen Stil genutzt, wobei man sich der Methode des türkischen Bads oder " Hamam " bediente. Smith stellt die noch bestehenden Osmanenbäder vor, in denen rheumatische und arthritische Erkrankungen gelindert werden können. Neben den osmanischen Bädern lernt man im Buch auch die Bäder der Belle Époche kennen. Zu Beginn des 20 Jahrhunderts wurde das Baden in Thermalbädern große Mode. In Budapest steht das Gellért-Bad an erster Stelle. Das prunkvolle Hotel im Spätjugendstil wurde von drei bedeutenden ungarischen Architekten erbaut. Das Wasser der Géllert-Bades kommt aus einer Heilquelle, die bereits im 13. Jahrhundert genutzt wurde.
Unmöglich alle Orte, die im Buch angeführt sind kurz anzureißen, erwähnen möchte ich aber die " Pariser Einkaufpassage " , das legendäre " Hotel Astoria ", aber auch die Markthallen von Pest. Diese aufzusuchen sollte man sich nicht entgehen lassen. Die Markthalle am Vámház körút ist eine 1896 fertig gestellte luftig-hohe Halle aus Ziegeln, Glas und Eisenträgern. Sie hat damals einen international ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen. Heute ist die Halle ein idealer Ort, um ungarische lukullische Spezialitäten kennenzulernen und im ersten Stock traditionelles Essen zu verkosten. Besuchen sollte man auch das Zigeunerviertel. Dort sind die Roma zuhause. Aus dieser kulturell bereits " verwässerte " Gruppe stammen die meisten Zigeuner-Kapellen, die in traditionellen Restaurants der Stadt von Tisch zu Tisch gehen und ihre bittersüßen Melodien den Gästen vorfiedeln.
Die Juden spielten in Budapest lange eine wichtige Rolle. Der Autor weist auf das Ghetto und einen alten jüdischen Friedhof hin und erinnert an den Schweden Raoul Wallenberg, der im 2. Weltkrieg seinen neutralen Status seines Landes nutzte , um jüdischen Budapester Familien diplomatische Immunität zu verleihen. Er stellte Schutzpapiere aus, so genannte " Wallenbergpässe " , die man im ungarischen National-Museum besichtigen kann. Wallenberg kam vermutlich in einem KGB-Gefängnis in Moskau ums Leben. Er hat möglicherweise 100.000 Juden vor dem Konzentrationslager bewahrt.
Das Buch macht sowohl durch hochinformative Texte als auch eine Vielzahl schöner Fotos neugierig auf die ungarische Hauptstadt, in die ich mich bereits vor vielen Jahren verliebt habe und zwar primär wegen der netten, charmanten Menschen dort, mit denen es viel Freude macht in einem Kaffeehaus zu plaudern.
Empfehlenswert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen