"Doch wie auch immer, Wirtshaus ist dort, wo der Gast sich «zu Hause» fühlt." (Zitat, S.207)
Gerhard Ammerer und Harald Waitzbauer haben in Mitarbeit von Jutta Baumgart eine hochinteressante Kulturgeschichte der Salzburger Gaststätten verfasst.
Der Ort Salzburg interessiert mich schon seit langem. Deshalb auch habe ich einige Bücher über Salzburg gelesen und rezensiert. Dort war ich natürlich auch bereits. Gespeist habe ich gut. Der kredenzte Veltliner schmeckte vorzüglich.
Das vorliegende Buch umfasst 12 Kapitel und beginnt thematisch mit der Betrachtung der Entwicklung von der privaten Gastfreundschaft hin zur kommerziellen Herberge. Zunächst wird man über die Gepflogenheiten von Wallfahrern und Händlern im Hinblick auf Herbergen und Schenken informiert. Im Mittelalter entwickelte sich parallel zu den Hospizen mit der Zeit eine professionelle Gastronomie. Sie beruhte in erste Linie auf den weiträumigen Handelsaktivitäten. Nicht mehr nachvollziehen lässt sich, wo das älteste Wirtshaus der Stadt lokalisiert war, aber man weiß, dass mit zunehmender Kommerzialisierung Herbergswirte auch die Funktion von Maklern übernahmen, für Gäste Geschäfte vermittelten oder auch Waren zu treuen Händen einlagerten.
In dem reich bebilderten Buch liest man über Weinimporte und selbst erzeugtes Bier im Mittelalter in Salzburg, auch über gesetzliche Regulierungen, über Professionalisierung und fiskalischen Zugriff, den die Gaststätten entwickelten sich zunehmend zu nicht unbedeutenden Orten, konkret zu kommunikativen, wirtschaftlichen und politischen Zentren der Stadt. Aufgeklärt wird man über Gäste, Wirte und Lokalitäten in der Frühen Neuzeit, auch über Salzburger Gaststätten in der Reiseliteratur des 18. Jahrhunderts und man erfährt, dass in Salzburg trotz der massiven Krisenerscheinungen im letzten Viertel dieses Jahrhunderts, gleichwohl eine trink- und feierfreundliche Atmosphäre herrschte. Weshalb Gaststätte multifunktionale Orte waren erfährt man anhand von Beispielen auch , ja sogar über der Erwerb eines Gasthauses, die Kaufpreise, Schulden und Einnahmen wird man aufgeklärt, zudem über die Wirthaushaltung und gastronomische Festkultur. Gezeigt werden u.a. Speisepläne für vormalige Hochzeitsgesellschaften, dann auch wird man über festliche Zunftzusammenkünfte unterrichtet sowie über Tanzveranstaltungen und kann sich in die Salzburger Tanzordnung von 1794 vertiefen.
Sehr gelungen ist das Kapitel über den verzögerten Siegeszug des Kaffeehauses in Salzburg. Hier entstand im Jahre 1700 das erste Kaffeegewölbe in der Goldgasse, dem bis 1800 weitere Cafès folgten. In den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhundert wurden Kaffeehäuser innerhalb der sich ausbildenden bürgerlichen Öffentlichkeit zu den wichtigsten Treffpunkten als auch zu den Stätten der gehobenen Unterhaltung und Kommunikation, (vgl.: S.85). Man konnte im Kaffeehaus ohne nennenswerte ständisch-elitäre Barrieren freimütig über persönliche, literarische oder über politische Ereignisse diskutieren. Zum Modegetränk wurde der Kaffee in der Aufklärungszeit, weil er die Konzentration und die Leistungsfähigkeit steigerte und das Getränk insofern dem rationalen Diskurs zuträglich war, (vgl.: S.85)
Über Konkurrenz und Konflikte und die schwierigen Jahrzehnte des ausgehenden 18. Jahrhunderts wird man unterrichtet. Hier geht es nicht zuletzt um die Revolutionsängste und das Gasthaus als potentieller Unruheherd.
Es folgen bemerkenswerte Betrachtungen zu Gaststätten und ihrer Kundschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Hier dann erfährt man nicht zuletzt mehr über Künstler und Touristen im Biedermeier und von dort führt die Zeitreise in punkto Gaststätten in Salzburg bis ins Hier und Heute. Beeindruckend neben den Texten sind die vielen alten Bilder, Fotos und Speisekarten. Alles spannend zu lesen und insofern empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen