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Rezension: Rome- Portrait of a City- Giovanni Fanelli- Taschen

Dieser grandiose Fotobildband vereint Hunderte von Aufnahmen, die in Rom realisiert wurden und zwar in Sepia, Schwarz-Weiß und Farbe. Dabei handelt es sich um Bilder, die von 1840 bis heute entstanden sind. 

Zu den Fotografen zählen: Giacomo Caneva, Pompeo Molins, Giuseppe Primoli, Alfred Eisenstaedt, Carlo Bavagnoli, Henri-Cartier- Bresson, Pasquale De Antonis, Peter Lindbergh, Slim Arons und William Klein. 

Ziel dieser Fotografen war es, die kulturelle Metropole aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. 

Das geschieht in 5 Kapiteln, die da heißen: 
1839-1870: Von der Kapitale des Kirchenstaats zur Hauptstadt Italiens
1871-1918:-Zwischen Repräsentation und Rückständigkeit
1919-1944: Licht und Schatten: die Jahre des Faschismus 
1945-1967:  Neorealismus, Dolce Vita, Wirtsschaftswunder
1968- Present Day:  Von den "bleiernen Jahren" bis in die Gegenwart

Jedes Kapitel beginnt mit einem einleitenden Text, der in englischer, deutscher und französischer Sprache abgedruckt worden ist. Die gezeigten Fotos werden alle textlich (übrigens sehr gut) ebenfalls in drei Sprachen erläutert. 

Zwischen 1839-1870 hatte die Hälfte der Bevölkerung Roms keine Arbeit und die Analphabetenrate lag bei 78%. Nahezu 1/3 der Bevölkerung lebte von Zuwendungen, Spenden und mildtätigen Gaben. Das Abwassersystem war damals unzureichend und die hygienischen Verhältnisse katastrophal. Trotz allem kamen immer mehr Touristen nach Rom, die die Bildungsreisenden ablösten und ab 1860 in den neu eröffneten Grandhotels lebten. 

Im Jahr 1841 bannte Lorenzo Suscipj eine Panoramaansicht der Ewigen Stadt in Daguerreotypietechnik auf acht Platten. Bilder aus den frühen Tagen der Fotografie sind besonders spannend, weil sie Menschen und Dinge sichtbar machen, die uns Lichtjahre von heute entfernt erscheinen. So sieht man einen Hauslehrer in traditioneller Tracht eines Abate mit Dreispitz und Schnallenschuhen mit seinen Zöglingen an der Rampe vom Kapitol zum Forum Romanum. Entstanden ist diese Aufnahme 1857. 

Giogio Sommer hat 1860 einen antiken Trödelmarkt fotografiert, aber er vermittelt auch einen Eindruck vom mit Gläubigen übersäten Petersplatz anlässlich der Ostersegens 1865. 

Es ist natürlich unmöglich, alle Fotos im Buch hier zu benennen. Abgelichtet ist u.a. auch eine Hinrichtung eines Patrioten auf dem Schafott im Jahre 1865. 

Im 2. Kapitel dann  kann man eine sich verändernde Stadt betrachten. Ehemalige Ghettos mussten den Prachtstraßen weichen. Es ist die Zeit, in der die Grandhotel boomen und die Caféhäuser, allen voran das Caffè Greco an der Via Condotti, zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens avancieren. Die erste Pferdetrambahn nahm 1877 ihren Betrieb auf. Bemerkenswerterweise konnte der Jugendstil in Rom nur schwer Fuß fassen, weil er zur Monumentalität vieler Neubauten nicht passte. 

Es ist spannend, sich in die dann folgenden Aufnahmen zu vertiefen, nicht zuletzt auch in das Bild, das die Einweihung des damals heftig umstrittenen Denkmals für Giordana Bruno auf dem Campo de Fiori zeigt.

Gläubige und Priester in dieser Stadt sind nichts Ungewöhnliches, wohl aber Buffalo Bill mit Federschmuck im Caffè Greco 1890. Elegant gekleidete Menschen aber auch Pfadfinderinnen lassen die Blicke länger verweilen, weil man weiß, dass im 3. Kapitel eine neue Zeit heran bricht, die nichts Gutes verheißt. 

Die Jahre des Faschismus zwischen 1919-1944 verändern das Bild der Stadt. Mussolini machte sich die modernen Massenkommunikationsmittel Fotographie, Radio und Kino zunutze. Damit festigte er seine Macht. Bilder dokumentieren dies deutlich. Gezeigt wird wie Faschisten auf offener Straße Bücher verbrennen. Das geschah im Jahre 1922 bereits. Viele der Fotos erinnern an Nazi-Deutschland, nur eben mit einem anderem Panorama. Irgendwann schließlich kommen dann endlich Fotos von den Befreiern. Die Römer jubeln im Jahre 1944. 

Es folgt das Kapitel "Neorealismus, Dolce Vita und Wirtschaftswunder" 1945-1967. Damals entwickelte sich die Stadt zum Hauptschauplatz des kulturellen und künstlerischen Lebens Italiens. In der Via Margutta unterhalten nun namhafte Maler ihre Ateliers. Beliebter Treffpunkt der Künstler, Schriftsteller, Intellektuellen, Theater- und Filmleute war das Caffé Greco. Das Rom der 1950er Jahre war jenes des Dolce Vita. Das spiegelt sich auch in der Fotografie wieder. Lebenslust vor dem Hintergrund antiker Fassaden, eine Sophia Loren im Jahre 1955, die man kaum wiedererkennt, weil sie damals noch viel natürliche Freundlichkeit ausstrahlte und immer wieder lachende Menschen, lassen erahnen, welcher Zeitgeist damals herrschte. Auch das Foto von Anita Eckberg im Trevibrunnen fehlt nicht. 

Ingrid Bergmann und Antonie Quinn auf der Piazza del Popolo lassen neugierig werden, was dann noch kommt. Es ist die Zeit, die mit der Gegenwart endet. Hier findet man schließlich auch das  m. E. schönste Foto: Audrey Hepburn in einer alten römischen Villa (Ruine). Sie hält ein Lamm im Arm und strahlt Herzensgüte aus. 

Ein mehrseitiges Bild von der Ostermesse im Vatikan 2016 und tolle Fotos von Papst Franziskus versöhnen mit allem und lassen auf Zeiten des Miteinanders und der Fairness hoffen. Dieser Papst ist ein Garant hierfür. 

Auf den letzten Seiten hat man Gelegenheit sehr gute Kurzbiografien der vielen Fotografen zu lesen. Dies sollte man auch tun, weil sich die Art,  worauf ein Fotograf beim Bildermachen Wert legt, oft durch seine Vita erklären lässt. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

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