Dieses wunderbare, reich bebilderte Buch präsentiert Bücherwelten. Dabei
entführt es in Bücherorte, die sich durch reiche literarische Geschichte, eine
lebendige aktuelle Autorenszene und ihr Engagement für die Förderung des Lesens
auszeichnen. Wenn eine Stadt diese Anforderungen erfüllt, so erfährt man, kann
sie sich innerhalb des "Creative Cities Network" um den Titel "City of
Literature" der UNESCO bewerben.
"Stadtgeschichten" heißt der erste Teil des
Buches, wo rund 30 "Cities of Literature" der UNESCO oder "Welthauptstädte des
Buches" vorgestellt werden.
Der Reigen beginnt mit Dublin und endet mit Granada.
Mein vorrangiges Interesse galt zunächst Krakau. Diese Stadt zählt seit 2013 zu
den Literaturstädten Europas, weil Krakau viele namhafte Schriftsteller,
darunter auch Literaturpreisträger hervorgebracht hat. Wie man erfährt, werden
in Krakaus literarischer Straße Zitate von Autoren, die sich online bewerben
können, an eine Hauswand projiziert. Man liest von Orten und Plätzen, die
literarische Bedeutung haben, zudem werden Buchläden vorgestellt. Sehr gute
Lesetipps werden erteilt. Darunter auch Stanislaus Lems philosophisches Werk
"Also sprach Golem". Was es weiter zu entdecken gibt, z.B. wo man ausgehen kann
und durch Literarisches überrascht wird, bleibt auch nicht ausgespart. Was man
auf keinen Fall verpassen darf, wird speziell hervorgehoben, so etwa eine
Stadtführung auf den Spuren von Stanislaw Lem. Übernachtungsmöglichkeiten werden
gut beschrieben und schöne Fotos runden die Vorstellung Krakaus ab, der dann
weitere bemerkenswerte Städte folgen, die in gleicher Weise vorgestellt,
neugierig auf einen Besuch machen.
Die Beschreibung des literarischen Amsterdam
macht Lust, sofort dort hinzureißen. Diese Stadt wurde, wie man erfährt, in den
1930er Jahren zur Fluchtburg deutschsprachiger Autoren, aber auch heute lebten
dort Exil-Autoren, so etwa Ayaan Hirsi Ali. Eines ihrer Bücher wird auch im
Rahmen der Leseliste vorgestellt. Dann wird man u.a. anderem in die älteste
Stadt des Baltikums entführt. Sie liegt in Estland und heißt Tartu. Dort gibt es
allerhand zu entdecken, nicht zuletzt das estnische Literaturmuseum. Einige
Seiten sind der Hauptstadt Litauens gewidmet. Hier lernt man eine ganze Reihe
interessanter Schriftsteller aus Litauen kennen, auch die dortige
Literartenstraße mit über 200 Widmungen an Schriftsteller unterschiedlicher
Epochen mit Bildern, Zitaten und Sprüchen. Buchläden u.a. mehr, auch gibt es einen
Hinweis auf das internationale Literatur-Festival in Vilnius, das dort im
Spätherbst seit 2016 jeweils stattfindet und wie sich dies gestaltet.
Metropolen
wie Madrid und Mailand sind im ersten Teil des Buches übrigens ebenfalls vertreten
und auch meine Lieblingsstadt neben Amsterdam, sprich Prag. Kafka und Kundera
lebten dort. Hier gibt es unendlich viel Literarisches zu bewundern. Sehr
verlockend im Buch beschrieben!
Nachdem man rund 30 Städte im Buch besucht hat,
erfährt man im 2. Abschnitt "Wo die wilden Bücher leben". Hier sind dann rund 25
Städte aufgeführt. Fasziniert halte ich inne als es um "Hollands
Kathedral-Buchhandlungen" geht. Buchhandlungen in Maastricht und Zwolle werden
hier vorgestellt. Ungefähr jede 5. Kirche in den Niederlanden sei inzwischen
ungenutzt. Sie zu Buchhandlungen zu verwandeln, finde ich eine wirklich gute
Idee. Wissen anstatt zu glauben, hat etwas für sich, oder?
Beeindruckend auch
ist die Buchhandlung "Shakespeares and Company" in Paris, über die man Näheres
erfährt, die Stiftsbibliothek St. Gallen und die Stadsbibliothek in Stockholm.
Auch Santander besitzt ein solches Schatzkästlein. Dort hat im vergangenen
Jahrhundert der Literaturwissenschaftler und Historiker Pelayo seiner
Heimatstadt seine Büchersammlung, über 40 000 Bände vermacht.
Im 3. Abschnitt,
betitelt mit "Auf Spurensuche" lernt man Orte kennen, wo sich Autoren
inspirieren ließen und Romanfiguren entstanden sind. Der Reigen beginnt mit dem
Nobelpreisträger Hermann Hesse. Ihm folgen die Romanfiguren "Kommissar Dupin! und "Harry Potter", der Schriftsteller Jules Verne, um anschließend die "Deutsche
Märchenstraße" kennenzulernen. Unzählige Orte sind hier aufgeführt, die man besuchen sollte. Hameln gehört selbstverständlich dazu und hier die
Skizzierung der Geschichte des Rattenfängers, auch der Hinweis auf die
Rattenfänger-Freilichtspiele.
Schön, dass man in diesem Kapitel den Lyriker
Heinrich Heine nicht vergessen hat und auch nicht seine letzte Ruhestädte in
Paris, des Weiteren nicht berühmte Orte, die in Alexandre Dumas´ Romanen eine
Rolle spielen und andere, die bei Thomas Mann Büchern bedeutsam sind.
Mehrere
Seiten sind Shakespeare gewidmet. Verona wird natürlich genannt aber auch Padua,
wo zwei wichtige Handlungen der Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung" stattfinden. Mit Johann Wolfgang von Goethe endet dieser Abschnitt beinahe. Es
wird an sein Geburtshaus ebenso wie an sein Wirken und seine Aufenthaltsorte in
Weimar erinnert. Die Lesetipps hier finden sofort meine Zustimmung, denn ich
kenne fast vorgestellten Werke und finde sie sehr gut. Unbekannt ist mir bislang
allerdings Jeremy Adlers "Goethe- Die Erfindung der Moderne".
Schlusslicht im
Buch ist Rosamunde Pilcher und ihre heile Welt. Ich habe nur ein Buch von ihr
gelesen. Es hieß "Die Muschelsucher", womit sie hierzulande ihren Durchbruch
erzielte. Heil war die Welt in diesem Werk aber nicht, so weit ich mich
erinnere. Das kam dann danach.
Alles in allem ist "Bücherorte" ein
Leckerbissen für alle Lesefreunde ganz unterschiedlicher Lektürevorlieben.
Maximal empfehlenswert
Helga König
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