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Rezension: Zu Gast auf Ibiza-Sherin Kneifl, Fotos Luana Failla


Die Journalistin Sherin Kneifl ist die Verfasserin der informativen Texte im vorliegenden Buch. Die imposanten Fotos ebenda hat die auf Ibiza lebende Fotografin Luana Failla realisiert. Dabei hat sie ihr Können wie auch das Gefühl für diese Insel mit Bravour unter Beweis gestellt. 

Im Vorwort schreibt Sherin Kneifl, dass der Seher Nostradamus im 16. Jahrhundert Ibiza als letzte Zuflucht wähnte, wenn der Rest der Welt unterginge. Das habe ich bislang noch nicht gewusst. Ein Grund mehr, sich mit dem Buch nun zu befassen. 

Die hübsche Autorin wird auf einem ganzseitigen Porträtfoto gleich nach dem Vorwort vorgestellt. Zu wissen, wer die LeserInnen über die Insel begleitet, finde ich lobenswert. 

Es folgt eine Karte, auf der die Orte eingezeichnet sind, die man im Buch kennenlernt. Der Reigen beginnt dann mit Texten und Fotos zu Eivissa (Ibiza-Stadt), die seit 1999 zum Weltkulturerbe zählt. Die Autorin erwähnt historisch Wissenswertes, u.a. auch, dass die  dortige Akropolis auf die Phönizier zurückgeht. Bilder von der Altstadt machen neugierig und die fünf vorgestellten gastronomischen Betriebe ebenso. Diese werden textlich anschaulich porträtiert und mittels Fotos visualisiert. Darüber hinaus lernt man jeweils bis zu zwei Rezepte pro Restaurant kennen. Die Rezeptergebnisse werden mittels Fotos appetitanregend präsentiert. Der erste Eindruck: Aha, Krustentiere und Fisch in unterschiedlichster, gehobener Kochkunst zubereitet! Genau das also, was man auf dieser Insel kulinarisch erwartet.

Die Rezepte sind sehr gut gegliedert, das gilt auch für alle weiteren Rezepte im Buch. Man erfährt für wie viele Personen das jeweilige Rezept ausreicht, welchen Schwierigkeitsgrad es hat und kann sich überlegen, ob man nun schon mit der Umsetzung der Rezepte beginnt oder erst mal abwartet, was noch kommt. Zum ersten Ort wie zu den dann folgenden gibt es eine Menge Geheimtipps und Wissenswertes. Neben Infos werden Adressen und teilweise Fotoansichten mitgeliefert. 

Sant Josep de Sa Talaia ist der 2. Ort, gelegen am Fuße der höchsten Erhebung der Insel. Nach einer kurzen, gelungenen Beschreibung des Ortes werden zwei Restaurants vorgestellt und zwar nach dem gleichen Schema wie bei Eivissa. Besonders gefallen hat mir das Rezept aus dem Restaurant  "Cana Sofia". Es handelt sich um eine "Klassische Paella" mit sehr guten Zutaten, die allerdings arbeitsintensiv daherkommt. Das Ergebnis belohnt für die Mühe. Auch hier endet die Präsentation mit Geheimtipps und Wissenswertem. 

Die dann folgenden Kapitel sind Sant Antoni, Sant Joan, Santa Eularia und dem Nachbarinselchen Formentera gewidmet. 20 Restaurants werden jetzt noch vorgestellt, alle nach dem gleichen Prinzip, gefolgt von Geheimtipps pro Ort. 

Nicht nur für Ibiza- Reisende sind die vielen Informationen interessant. Es lohnt, sich einfach zu informieren und in die vorgestellten Orte hineinzuträumen. André Heller wusste bereits: "Die wahren Abenteuer sind im Kopf…!“ 

Formentera, die kleine Schwester von Ibiza beeindruckt offenbar durch weitläufige Sandstrände und bemerkenswerten Restaurants. Die Chefin des Restaurants "Quimera", Ana Jiménez Garcia,  hat den wunderbaren Satz formuliert "Die Kochkunst ist eine Sprache, mit der man Harmonie, Kreativität Lebensfreude und Schönheit ausdrücken kann. Eine universelle Sprache, die jeder und jede versteht." Ihre beiden Rezepte, die sie im Buch beisteuert, dokumentieren dies überzeugend. 

 Auf den letzten Seiten dann, unter der Rubrik "Service" lernt man die Strände der Inseln näher kennen, darüber hinaus die angesagten Clubs, Möglichkeiten zu unterschiedlichen Aktivitäten, auch den Besuch diverser Museen und Galerien  sowie von Märkten. Zu sehen gibt es viel!

 Wer sich hier langweilt, dem ist nicht zu helfen.

 Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Sehnsucht Leben-Andreas Altmann-Piper


Andreas Altmann, der in Paris lebende Autor dieser exzellent verfassten Reportagen wurde in der Vergangenheit bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, so etwa dem Egon-Erwin-Kisch-Preis, dem Seume Literaturpreis, dem Reisebuch-Preis und dem Weltentdecker-Preis.

Sein neues Buch enthält eine Vielzahl beeindruckender Reportagen, die er in nachstehende Rubriken untergliedert hat: 

Städte mit breiten Schultern
Forderndes Leben 
Leichtes Leben 
Die Tapferen 
Die Genies 
Die Gerissene
Recken im Südchinesischen Meer 
Umwege zum Ziel 

In seiner vierten Reportage, er schreibt hier sehr informativ und kurzweilig über Shanghai, hielt ich auf Seite 55 inne und kennzeichnete einen Absatz mit Bleistift, um ihn jetzt in der Rezension zitieren zu können. Weshalb? Weil er meine Erachtens viel über wie Art wie Altmann denkt und schreibt aussagt.

"Ein leiser Zwischenruf. Als Reporter interessiert mich zuerst die Wirklichkeit. Von der will ich berichten. Dabei erspare ich mir meist jeglichen Kommentar. Sittliche Entrüstung halte ich für billig und gewiss überflüssig. Ich veröffentliche für Leute, die intelligent genug sind, selbst zu urteilen. Schreibende Moralapostel sind eine Zumutung. Misstrauen ist angebracht."

Altmann geht, gleichgültig, wo er sich aufhält, immer nah ran, benennt, was er sieht, schreibt Sätze wie etwa: "Wer astronomisch riesige Menschenmassen bestaunen will, der sollte nach China fliegen. Nirgend kann man sich so null und nichtiger fühlen als dort. Wer hier auf Individualismus pocht, der hat 1,4 Milliarden Gegner." Ein Ort also, an dem Narzissten und im Lebensstil eitel Abgehobene in Kur gehen könnten, um wieder  Bodenhaftung zu bekommen.

Altmanns Reportagen führen ihn nicht in Idyllen, sondern an Orte wie Jakarta, einer Stadt, die bereits dem Untergang geweiht ist. Wie lebt man an solchen Punkten? Welche Erfahrungen macht ein hellwacher Reisender? Altmann lässt es uns wissen. Er ist kein Märchenerzähler, sondern ein überaus sprachbegabter Realist. Dieser Reporter zeigt überall auch die dunklen Seiten der Reiseziele auf, ohne allerdings dem Leser die Lese- oder gar Reiselust zu nehmen. Seine Art zu schreiben, bildet tatsächlich, weil sie über das Touristikbildungsprogramm weit hinausgeht. Er vermittelt, was Reisen möglich macht: tatsächliche Horizonterweiterung. 

Sehr schön und geradezu erholend ist die Reportage über Goa. Sie beginnt übrigens mit den Sätzen: "Nicht viele Gegenden auf dieser Erde können mit solchen Trümpfen prahlen. Alles ist da. Die Magie, das Verrückte, die Versuchung, das Blau der Ozeans und des Himmels, die Freundlichkeit der Goaner und ihr wundersam skurriles Kopfwackeln. Signalisiert es doch so beruhigende Zustände wie Einverständnis und das unglaubliche Versprechen, dass alles gut ist." 

Auf den Seiten, die dann folgen, spürt man den Zauber, den Goa offenbar noch hat. Dass er nicht bleiben wird, ahnt man spätestens nach dieser Reportage aber auch. 

Man staunt, wohin Andreas Altmann überall uns mitnimmt und freut sich über Sätze wie etwa: "In den USA nicht anders als in Russland: Hässlichkeit macht elend, Schönheit heilt. Der Hunger nach ihr hört nicht auf, wie ein Grundnahrungsmittel verlangt uns danach."

Wie meint er das? Ist das nur auf die Schönheit von Frauen bezogen? Nein! Es geht ihm um das Schöne an sich.

Paris ist umwerfend schön. Altmann weiß das. Vielleicht lebt er deshalb dort, um sich von seinen nicht unanstrengenden Reisen zu erholen, die ihn oft an eher unwirtliche Orte führen. Über solche Orte zu berichten, bedeutet aufzurütteln und Leser zum Nachdenken anzuregen, vor allem über Menschen, denen Altmann auf seinen Reisen begegnet. Sie lehren uns viel,  nicht zuletzt dankbar zu sein. 

Am Beispiel des blinden Fotografen Evgen Bavcar, ihm hat Altmann ganz besondere Reportage gewidmet, zeigt der Autor, was es bedeutet, die Kraft in sich zu finden, um hier zu sein und sein Schicksal zu wenden. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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